Die Rolle der Seelsorge innerhalb von Palliative Care

Mit Karin Kaspers-Elekes konnte die Pastoralkonferenz Thurgau eine ausgewiesene Expertin zum Thema Palliative Care gewinnen. Die evangelische Pfarrerin hob die Bedeutung der Seelsorge innerhalb von Palliative Care hervor und warb bei den anwesenden Seelsorgenden darum, vernetzt mit anderen palliativ tätigen Diensten die Begleitung von Sterbenden vor Ort wahrzunehmen. 

Wo die kurative Medizin an ihre Grenzen kommt, bricht die Frage auf: Kann man für todkranke Menschen wirklich nichts mehr tun? Cicely Saunders (1918–2005) sei in den 60er-Jahren eine der ersten gewesen, die sich dieser Frage stellte. Mit ihrem Engagement habe sie die moderne Hospizbewegung ins Leben gerufen, erklärte Karin Kaspers-Elekes. Daraus entwickelte sich schliesslich Palliative Care – in Europa über bürgerschaftliches Engagement, in der Schweiz eher über die Medizin und Pflege. Einen wichtigen Beitrag leistete auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Lebensende, die mit Elisabeth Kübler-Ross begann. «Palliative Care hat Menschen mit unheilbaren, lebensbedrohlichen oder chronisch fortschreitenden Krankheiten und deren Angehörige im Blick», sagte Karin Kaspers-Elekes. Die Spitalseelsorgerin betonte zugleich, dass Palliative Care keine Methode, sondern eine Haltung sei: «Es bedeutet, den Menschen in seiner Ganzheit wahrzunehmen, ihm so zu helfen, dass er wieder Lebensqualität erfährt.» 

Seelsorge anerkannt 

Zu dieser Ganzheit gehören nach Palliative Care die physischen, psychischen, sozialen und spirituellen Dimensionen des Menschseins. «Die spirituelle Dimension hat sich in den letzten Jahren mächtig gemausert», so Kaspers-Elekes. Die Frage ‹Was kommt nach dem Tod?› sei in den ersten Jahren von Palliative Care ein völliges Tabu gewesen. Das sei heute anderes. Spirituelle Bedürfnisse würden heute ernst genommen. Allerdings werde die Seelsorge nicht immer als eigenständige Qualifikation gesehen. Deshalb rief Kaspers-Elekes die Anwesenden dazu auf, selbstbewusst die Professionalität der Seelsorge nach aussen zu vertreten und sie von Freiwilligendiensten abzugrenzen. 

Sie zeigte sich glücklich darüber, dass im Umsetzungskonzept von Palliative Care des Kantons Thurgau die beiden Landeskirchen ausdrücklich als «Träger der Seelsorge» festgehalten sind. Das eröffne den beiden Kirchen Chancen, stelle aber die Verpflichtung dar, Ressourcen für dieses Engagement bereitzustellen.

Zusammenarbeit in Foren 

Ein besonderes Anliegen von Palliative Care ist das Zusammenspiel der unterschiedlichen Dienste, die sich um das Wohl sterbenskranker Menschen kümmern. «Wir haben herausgefunden, dass die Menschen schneller zu dem kommen, was sie brauchen, wenn diese Vernetzung funktioniert. Oder kurz gesagt: Versorgung braucht Vernetzung», erklärt die Präsidentin von palliative ostschweiz. Man sei bestrebt, solche Netzwerke auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene weiter auszubauen. Im Kanton Thurgau, der 2009 als erster Kanton ein Gesetz zu Palliative Care verabschiedet hatte, wurde dieser Ansatz schon gut umgesetzt. In den Spitälern etablierte sich eine spezialisierte Palliative Care, die ihre Erfahrungen über Palliative Plus an Betreuende in Pflegeheimen und im häuslichen Umfeld weitergibt. «Wir versuchen, ganz nah an die Basis zu kommen», erklärt Karin Kaspers-Elekes. Zu diesem Zweck wurden und werden an Orten, an denen man im Sinne von Palliative Care arbeiten möchte, sogenannte Foren ins Leben gerufen. Deren Kernteams bestehen aus je einer Vertreterin/einem Vertreter der wichtigsten Dienste, z. B. der Hausärzte, der Pflegedienste, der Physio- bzw. Ergotherapeuten, der Sozialdienste usw. In diesen Foren sollte auch die Seelsorge dieses Ortes nicht fehlen. «Wenn Sie als Kirche dort nicht anwesend sind, fehlt Ihnen der Zugang zu Sterbenden», mahnte die Theologin. 

Kontinuität gewährleisten 

Die Begleitung von Menschen an ihrem Lebensende gehört für Karin Kaspers-Elekes zu den wichtigsten kirchlichen Aufgaben. «Manche Patienten reagieren zwar zurückhaltend auf ein Gesprächsangebot, weil sie schon lange keinen Kontakt mehr zur Kirche hatten. Wir kommen aber nicht mit dem Glaubensthermometer.» Fassen sie Vertrauen, wird oft über Ängste, Zweifel und die grossen Fragen des Lebens gesprochen. «Die Möglichkeit, einfach erzählen zu können, ist schon ein erster wichtiger Schritt», so die Spitalseelsorgerin. Es liegt ihr sehr am Herzen, dass Begleitungen, die im Spital begannen, zu Hause weiter geführt werden. Deshalb ist sie froh, wenn es an vielen Orten Seelsorgende gibt, die sich dazu bereit erklären. 

Detlef Kissner

Karin Kaspers-Elekes möchte die Seelsorge innerhalb von Palliative Care stärken.

Bild: Detlef Kissner

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