Papst Franziskus wird 85 Jahre alt

Am 17. Dezember hat Jorge Bergoglio einen halbrunden Geburtstag zu feiern. Auch während der Pandemie und nach schwerer Operation des Papstes ein Anlass für eine Zwischenbilanz des aktuellen Pontifikats.

Es war bei der üblichen Plauderrunde des Papstes mit Mitgliedern des Jesuitenordens Mitte September in Bratislava. Einer fragte den Papst: «Wie geht es Ihnen?». Darauf Franziskus: «Ich lebe noch, auch wenn einige Leute wollten, dass ich sterbe.» Und mit Bezug auf seine Darm-OP im Juli fuhr er fort: «Es gab sogar Treffen zwischen Prälaten, die glaubten, der Zustand des Papstes sei ernster als die offizielle Version. Sie haben sich auf das Konklave vorbereitet.»

Einige Reisepläne
Seit er den keineswegs harmlosen Eingriff überstanden hat, drückt Franziskus auf die Tube. Zwei längere Interviews mit einem spanischen Radiosender und einer argentinischen Agentur nutzte Franziskus für die Botschaft: Mit 85 Jahren ist noch lange nicht Schluss. Wie en passant erwähnte der Papst Reisepläne: noch einmal Ungarn, den Kongo, Osttimor, Papua-Neuguinea und Ozeanien. Offiziell bestätigt war bislang nur der nun beendete Besuch auf Zypern und in Griechenland.

Angriffe «ein Werk des Teufels»
Zudem gibt sich Franziskus kämpferischer. Vor den Jesuiten in Bratislava teilte er aus gegen «einen grossen katholischen Fernsehsender, der nicht zögert, ständig schlecht über den Papst zu sprechen». Die von Vertreter*innen des Senders gegen ihn gerittenen Angriffe seien ein «Werk des Teufels». Den Namen nannte er nicht, aber es war klar: Gemeint sind der Sender EWTN bzw. einige Vertreter*innen des privaten Mediennetzwerks.

Sein innerkirchlich lange teils angefeindetes Schreiben «Amoris laetitia» von 2015 zu Ehe und Familie liess er fünf Jahre später mit einem Aktionsjahr aufleben, um dessen Anliegen in Erinnerung zu rufen; ebenso seine Umwelt-Enzyklika «Laudato si». Von der Ungeduld eines alten Mannes zeugt der jüngste Erlass «Traditonis custodis»: Die sogenannte «Alte Messe» schränkt Franziskus ein, weil sich rund um die ausserordentliche Form des Römischen Ritus zu viel Opposition gegen das Zweite Vaticanum (1962-1965) gebildet habe.

Schleppende Kurienreform
Die seit Beginn der Amtszeit erwartete Kurienreform des Argentiniers gestaltet sich schleppender als erhofft. Seit Jahren wird die Veröffentlichung des begleitenden Papstschreibens erwartet. Man möge von der Konstitution keine Neuigkeiten erwarten, dämpfte der Papst selbst. Ein Grossteil der Reformen sei bereits erfolgt: Kurienbehörden wurden zusammengelegt, das Justiz- und Finanzsystem neu aufgestellt, die Betreuung der Nuntiaturen intensiviert. Franziskus will im Gehen reformieren, nicht am Schreibtisch. Hier ein Erlass, dort eine Verfügung – und dann sehen, wie es funktioniert. Das schliesst Fehlschüsse und Nachbesserungen nicht aus. Im September 2017 etwa stärkte Franziskus die Bischofskonferenzen bei den Übersetzungen liturgischer Texte und lieferte so ein Stück Dezentralisierung. Im Oktober jedoch musste ein Dekret folgen, das die Anwendung des Erlasses von 2017 präzisierte. Ein Grund für juristisch-verwaltungstechnische Mängel im gegenwärtigen Pontifikat ist Bergoglios stark pastorales Denken. Gegen reine Strukturreformen hat er eine Aversion.

Zu ungenaue Vorgaben
Sein grösstes Reformprojekt ist die Weltsynode. Ob es Franziskus aber gelingt, der katholischen Kirche von Zentrum bis Peripherie einen synodaleren Umgangsstil beizubringen, sei dahingestellt. Zu idealistisch die Ziele, zu ungenau die Vorgaben, zu viel Unruhe – meinen viele. Eine gewaltige Entscheidung, deren Folgen niemand vorhersagen könne, räumte unlängst auch Synodensekretär Kardinal Mario Grech ein.

Mit dem System Vatikan fremdelt Franziskus nach wie vor; viele lässt er dies spüren und zeigt es. Während der Pandemie-Lockdowns holte er ein altes, schlichtes Holz-Kruzifix aus einer römischen Innenstadtkirche in den Petersdom. Über Monate, wenn er dort am Kathedra-Altar Messe feierte, hing der lebensgrosse Gekreuzigte klein und zerbrechlich zwischen Bronzefiguren und Marmorstatuen früherer Päpste, die sich selbst überlebensgrosse Denkmäler gesetzt hatten.

Baumeister inmitten von Trümmern
Doch wie beschwor Franziskus Ende November junge Menschen? Es sei «die mühsamste und faszinierendste Aufgabe, die euch zukommt: fest zu stehen, wenn alles zusammenzubrechen scheint; Wächter zu sein», «Baumeister inmitten von Trümmern, fähig zu träumen». Irgendwo zwischen den Jugendlichen im Petersdom sah Franziskus dabei wohl auch den jungen Jorge Bergoglio – und machte sich selbst Mut.

Roland Juchem/Red., 15.12.21

Papst Franziskus
Quelle: © 2021 KNA GmbH
Papst Franziskus setzt weiterhin Zeichen wie bei seinem Besuch im EU-Flüchtlingslager auf Lesbos am 5. Dezember.

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