Mit Bart, Hirtenstab und Mitra trotzt dieser Samichlaus dem Alter

Seit 50 Jahren ist der 86-jährige Sepp Blättler am 6. Dezember unterwegs in der Region, um Alt und Jung als Samichlaus eine Freude zu machen. Ans Aufhören denkt er dabei nicht. 

Die Geschichte des Heiligen Nikolaus, der im 4. Jahrhundert als Bischof in der antiken, heute türkischen Stadt Myra wirkte, erzählt er gerne und das Funkeln in seinen Augen wirkt dabei ansteckend. Genauso muss es den Kindern gehen, die rund um den 6. Dezember von ihm besucht werden – sie hören ihm gerne zu. Sepp Blättler ist der wohl älteste aktive Samichlaus in seinem Tätigkeitsgebiet Neuhausen/Oberklettgau. In diesem Jahr feiert er sein 50. Dienstjubiläum als Mitglied der Samichlausgesellschaft des katholischen Seelsorgeverbands Neuhausen-Beringen-Schleitheim und wird als Samichlaus wieder zahlreiche Besuche machen. 

Vom Schmutzli zum Chlaus 

Der heute 86-Jährige fing in seinem Heimatort Cham als Schmutzli, als Begleiter des Samichlauses an – mit 16 Jahren. Damals seien sie zusammen an einem Abend bis in den hintersten Winkel der Gemeinde gelaufen, erzählt Sepp Blättler. Denn 1948 war man noch zu Fuss im roten beziehungsweise braunen Gewand unterwegs. Ebenfalls ein wenig anders war seinerzeit die Ausrichtung des Brauchtums. «Viele Eltern waren sehr streng und wollten, dass wir ihre Kinder in den Schmutzli-Sack stecken, um sie zu bestrafen. Heute hat sich das zum Glück geändert», sagt der Vater von vier erwachsenen Töchtern und zweifacher Grossvater. Er fügt hinzu: «Wir möchten auf keinen Fall, dass die Kinder Angst vor dem Samichlaus haben. Sie sollen uns vertrauen können.» Deshalb stelle er das Kind auch nicht vor seinen Geschwistern oder anderen Kindern bloss, sondern rede mit ihm persönlich. Und wenn es beispielsweise häufig zu spät zur Schule kommt, gibt Sepp Blättler Verbesserungsvorschläge, ohne zu massregeln. 

Sich Zeit nehmen 

Dies tut er, seit es ihn 1967 beruflich nach Beringen zog und er einer der Samichläuse der Kirchgemeinde Heilig Kreuz in Neuhausen wurde. Er half mit, die Chlausgesellschaft weiter aufzubauen, so dass heute 10 bis 14 Samichläuse und Schmutzlis jedes Jahr vom 4. bis 6. Dezember Familien, Vereine, Altersheime, Kindergärten und Schulen besuchen. Auch die Ausbildung der Samichlaus-Anwärter übernahm Sepp Blättler und so ging selbst der heutige Präsident der Chlausgesellschaft, Stefan Schönauer, zu ihm in die «Lehre». Mitte November treffen sich die Mitglieder der Samichlausgesellschaft, um die kommenden Besuche vorzubereiten. Jährlich müssen ungefähr 80 Anmeldungen verteilt werden, so dass ein Samichlaus pro Jahr ungefähr acht Einsätze hat. Es sei aber nicht das Ziel, alle Auftritte an ein und demselben Abend zu absolvieren. «Ein Familienbesuch dauert in der Regel 20 bis 30 Minuten, je nach Anzahl Kinder», sagt Sepp Blättler und ergänzt: «Man muss sich Zeit nehmen. Wir bereiten uns ernsthaft auf die individuellen Auftritte vor und spulen kein Programm ab. Im Vorfeld holen wir Informationen über die zu besuchenden Kinder ein und rufen die Familien nochmals an, um die Details oder unbeantwortete Fragen zu klären. Ein Samichlaus benötigt viel Einfühlungsvermögen, um auf die Erwachsenen und Kinder gleichermassen eingehen zu können.» 

Spezialist für ein grosses Publikum

In seiner Tätigkeit als Samichlaus, hat Sepp Blättler fast drei Generationen besucht und konnte somit zu einigen Familien ein enges Verhältnis aufbauen. In den letzten zwei Jahren ist er jedoch zum «Spezialist für Alters- und Pflegeheime, Kindergärten, Schulklassen und Vereine» geworden, wie er selbst sagt. «Ein wichtiges Thema, wenn ich ein Altersheim besuche, ist die Begegnung. Man soll miteinander reden, sich nicht im Schneckenhaus verkriechen, nicht einsam werden. Auch wenn ich über Verlust rede, fühlen sich viele ältere Menschen angesprochen», erzählt Sepp Blättler. Auf die Frage, was ihn an seiner Samichlaus-Tätigkeit erfülle, antwortet er: «Ich möchte Alt und Jung auf Weihnachten vorbereiten und ihnen den Grundgedanken der Weihnachtszeit näherbringen. Ich sehe mich nicht als Lehrmeister, sondern eher als Bewahrer des familiären Friedens, und diese Aufgabe erfüllt mich.» 

Sarah Stutte

Sepp Blättler einmal privat…

Bild: Sarah Stutte

 

...und als Nikolaus, in immer noch demselben Kostüm, dass die Frauen der Samichläuse in den 60er-Jahren aus Messgewändern schneiderten.


Bild: zVg

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