Kritik am Vatikanpapier hält an

Die Glaubenskongregation ist gegen eine Segnung von Schwulen und Lesben. Gegen das neue Papier aus Rom gibt es massiven Widerstand. Drei Theologie- Professorinnen und acht Professoren aus der Schweiz protestieren.

Dem Papier aus Rom, das am 15. März veröffentlicht wurde, fehle es «an theologischer Tiefe, an hermeneutischem Verständnis sowie an argumentativer Stringenz», schreiben Theolog*innen in einer Erklärung. «Werden wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert und nicht rezipiert, wie es in dem Dokument der Fall ist, untergräbt das Lehramt seine eigene Autorität. Der Text ist von einem paternalistischen Gestus der Überlegenheit geprägt und diskriminiert homosexuelle Menschen und ihre Lebensentwürfe. Von dieser Position distanzieren wir uns entschieden.»

Homo-Paare nicht weniger wert

Laut den Unterzeichnenden ist «das Leben und Lieben gleichgeschlechtlicher Paare vor Gott nicht weniger wert als das Leben und Lieben eines jeden anderen Paares». In vielen Gemeinden würden Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare an - geboten. Auch werde «über angemessene liturgische Formen solcher Feiern» reflektiert. «Wir begrüssen diese würdigenden Praktiken ausdrücklich», schreiben die Professor*innen. Schon vor dieser Stellungnahme hagelte es Kritik an dem Papier. Das Kompetenzzentrum Jugend der römisch-katholischen Kirche der Deutschschweiz (KOJ) schrieb in einer Mitteilung, die Kirche disqualifiziere sich selbst. Der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) sprach von einem «Entscheid gegen die Liebe».

Unterscheidung statt Verbote

Auch die Bistümer Basel, Chur und St. Gallen haben eine andere Meinung als der Vatikan. «Die Kirche darf niemanden vom Segen ausschliessen», kritisierte der Pastoralamtsleiter in St. Gallen, Franz Kreissl (62). Der Basler Bischof Felix Gmür (54) sagte, die römische Sexualmoral müsse sich weiterentwickeln. Der neue Bischof von Chur, Joseph Bonnemain (72), kündigte an, mit Seelsorgenden ein Gespräch zu suchen, wenn sie schwule und lesbische Paare segnen wollten – denn es gehe um «Unterscheidung», nicht um Verbote. Der Altabt von Einsiedeln, Martin Werlen, sagte: «Es gibt offensichtlich Menschen, die – so lassen es ihre Veröffentlichungen und Äusserungen erkennen – Schwule nur vom Sex kennen.» Später doppelte er in den «Vorarlberger Nachrichten» nach: «Wagen wir den Schritt zu den Menschen am Rande der Gesellschaft und der Kirche! Kehren wir bei ihnen ein und bitten wir Gott um seinen Segen für sie! So hat es Jesus getan. Da gibt es keinen Zweifel!»

Jesuiten distanzieren sich von Franziskus und Ladaria

Die Jesuiten in Zentraleuropa distanzierten sich von dem Vatikan-Papier, für das zwei Jesuiten verantwortlich sind: Papst Franziskus und Luis Ladaria, der Präfekt der Glaubenskongregation. Auf den Widerspruch angesprochen, teilten die Jesuiten mit: «Das ist eben auch Vielfalt.» Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller forderte Bischöfe und Generalvikare auf, gegen das Papier in Rom zu remonstrieren. Eine Remonstration bedeutet, dass Bischöfe oder Generalvikare eine päpstliche Norm oder eine erlassene Einzelentscheidung zurückweisen. In Deutschland haben mehrere Bischöfe und Generalvikare angekündigt, gegen das Papier zu remonstrieren.

Raphael Rauch/Red. forumKirche, 29.3.21


Stellungnahme der Thurgauer Seelsorger*innen auf www.forumkirche.ch.

Die Weigerung des Vatikans, homosexuelle Paare zu segnen, schlägt hohe Wellen.
Quelle: www.pixabay.com
Die Weigerung des Vatikans, homosexuelle Paare zu segnen, schlägt hohe Wellen.

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