Mit einem Augenzwinkern blickt Bruder Hanspeter Betschart auf die Welt
« Lachen ist eine Antwort auf Gottes unermessliche Liebe und Gnade, die er uns schenkt », steht im Buch Genesis. Besonders viele Antworten gibt der Kapuziner Hanspeter Betschart. In 17 Heften hat er Anekdoten aus seinem Leben zusammengetragen. Vor Kurzem ist sein « erstes Büchlein nach dem letzten » erschienen. Dessen Nachfolger wiederum wurde vorerst in Weisswein ertränkt.
Mit der Dynamik eines Schnellzugs fährt Bruder Hanspeter Betschart in den kleinen Besucherraum im Kapuzinerkloster ein. In Wil ist der gebürtige Innerschweizer seit einigen Monaten zu Hause. Die Frage, wie er gerne angesprochen werden möchte, lässt er zu einem festen Händedruck gar nicht erst aufkommen : « Hanspeter, das reicht .» Schlagartig ist der nüchterne Raum erfüllt mit Freundlichkeit und Optimismus. Der noch junge Tag – es ist neun Uhr, den meisten Menschen sind noch die grimmigen Gesichter des Pendlerverkehrs ins Gesicht geschnitten – hindert Hanspeter nicht daran, mit der Sonne um die Wette zu strahlen. « Ja, ich habe heute schon gelacht », beantwortet er die erste Frage. « Ich habe der Pflegerin bereits einen Witz erzählt. » Nicht seiner Pflegerin. Der 73-Jährige ist gut in Schuss, wie ein historisches Dampfschiff auf dem Vierwaldstättersee. In der Innerschweiz ist der Kapuziner mit fünf Brüdern aufgewachsen.
Kindheitserinnerungen
Es braucht wenig Fantasie, um sich vorzustellen, wie der zweijährige Hanspeter auf dem Arm der Krämersfrau mit Blick auf einen Schokoladenstängel keck sagt : « Nehmen wir einen ! » Und wie er sich ein andermal bei der Metzgerin entschuldigen muss, weil er der resoluten Frau nach einer Zurechtweisung sagte, sie sei schlimmer als die Alte im Lebensmittelgeschäft. Die 17. Anekdotensammlung beginnt mit solchen Geschichten aus seiner Kindheit in Hochdorf. « Seit ich hier in Wil bin, erinnere ich mich interessanterweise immer mehr an Geschichten aus meiner Jugend. » Doch bei diesen bleibt es nicht. Nicht ganz unvorbelastet, Hanspeter ist Kapuziner in dritter Generation, entscheidet er sich, die Priesterlaufbahn einzuschlagen. Natürlich gibt es auch darüber Humorvolles zu lesen.
An der ersten heiligen Messe, die er als neu geweihter Priester als Hauptzelebrant feiert, die Primiz, wird zur Freude von Hanspeter die «Spatzenmesse» von Mozart aufgeführt. Gleichzeitig flattert ein verirrter Spatz in der Kirche herum. Was einen Maturakollegen, « natürlich ein Psychologe », wie er in seiner Broschüre beschreibt, zur Aussage veranlasst : « Das ist jetzt der Schampi, ein Leben lang in der Kirche eingesperrt ! »
Erblich vorbelastet
Ähnlich humorvoll wie bei der Primiz geht die Laufbahn von Hanspeter weiter. Oft von ihm selbst « verschuldet », könnte man sagen. So startet er bei seinem Amtsbeginn in Olten, wo er fast 20 Jahre Pfarrer ist, die Antrittspredigt mit den Worten : « Mein Grossvater und mein Vater sind schon Kapuziner gewesen. – Entschuldigung, ich muss das korrigieren, es ist also der Grossvater und der Grossonkel gewesen, also nicht so direkt. Wahr ist, ich bin in der dritten Generation Kapuziner in unserer Familie. » Doch aus der Familie Betschart gehen nicht nur Minderbrüder hervor. « Mein Grossvater war Kunstmaler und mein Onkel Karikaturist. Über ihn habe ich den Humor sehr früh kennengelernt. Meine Vorfahren sind ein bisschen schuld daran, dass ich Kapuziner geworden bin. » An die demütige Bescheidenheit hält sich der Kapuziner nicht immer. Wie er schreibt, « sticht einen Stadtpfarrer schon mal der Hafer ». Und so tauscht er seine bescheidene Kopfbedeckung, den Pileolus, ein Scheitelkäppchen aus braunem Kuttenstoff, bei offiziellen Anlässen mit einem Birett. Die viereckige Kopfbedeckung der Weltgeistlichkeit, die durch Don Camillo weltberühmt wurde. «Nicht zuletzt, um seine bescheidene Körperlänge zu vergrössern, bestellt der Oltener Don Camillo in Rom ein seidenes Birett mit einem herrlichen Kugelbusch», schreibt er.
Was aber wäre aus ihm geworden, wenn kein Kapuziner ? « Ich habe noch zwei andere Sachen erwogen. Auf der einen Seite erstaunlicherweise Mathematik. Auf der anderen Seite alte Sprachen. Diese habe ich im Orden dann ja auch realisiert. » Dazu geht er nach Fribourg, wo vor ihm schon fünf Aspiranten scheitern. « Es gab da den sehr strengen Professor. Ich wollte es trotzdem versuchen. Einer von unseren Oberen sagte : ‹ Auf einen mehr oder weniger, der scheitert, kommt es auch nicht mehr an. › Daraufhin konnte ich wirklich die alten Sprachen studieren bei dem berühmten Professor Puelma aus Chile. »
Wissenschaftliche Publikationen
Bei allen humorvollen Geschichten stellt sich die Frage, ob ein Kapuzinerbruder nicht riskiert, mit seinem Vermächtnis von bislang 17 Broschüren zum Schmunzeln und Lachen als Komiker in Erinnerung zu bleiben. Immerhin warnt bei der Ankunft in Olten der Bestatter : « Du kannst dann nicht nur lachen. » Das ist aber nie ein Problem. « Also, ich habe höchstens etwa ein, zwei humorvolle Beerdigungen gehabt », sagt Hanspeter und lacht herzhaft. Lässt danach aber keine Zweifel an einer seriösen Berufsauffassung im Raum. « Ich habe natürlich einen Beruf, in dem es meistens ein bisschen ernster zugeht. Das gilt auch für meine anderen Schwerpunkte, ausgehend von den alten Sprachen. » So ist Bruder Hanspeter nicht « nur » Verfasser von Anekdoten. Aus seiner Feder sind im Kunstverlag Fink verschiedene wissenschaftliche Publikationen erschienen wie « Der Sonnengesang des heiligen Franziskus mit Bildern aus Assisi » oder zur historischen Bibliothek und dem Kapuzinerkloster Wesemlin in Luzern.
Gemeinnütziger Zweck
Die aktuelle Anekdotensammlung, einem Innerschweizer gerecht werdend, enthält neben den unterhaltsamen Erlebnissen zwei gereimte Fasnachtspredigten. Illustriert ist das Buch, wie seine Vorgänger, mit Zeichnungen von Gregor Müller, koloriert von Käthy Wollschlegel. Verlegt werden sie vom Martins-Verlag Wil, hinter dem kein Geringerer als Hanspeter Betschart selbst steht. Über ihn können die Publikationen auch bestellt werden. Den Preis dafür kann man selbst bestimmen. Dabei kommt jeder Betrag über den Selbstkosten von fünf Franken einem guten Zweck zu. « Die Erlöse aus den ersten Ausgaben flossen in karitative Projekte im Libanon », sagt Bruder Hanspeter. « Aktuell kommen sie einem Sozialzentrum in Kerala zugute. » Dieses wird in Indien vom Vater des Wesemlin-Guardian George Francis Xavier geführt und kümmert sich um obdachlose, arme, psychisch kranke und betagte Mitmenschen.
Der sonnige Frühlingstag würde endlos zu weiteren Geschichten von Hanspeter einladen. Doch Müssiggang ist im Kapuzinerkloster in Wil nicht endlos. Die Arbeit wartet. Dazu gehört nicht zuletzt Küchendienst. In seiner Kurzbiografie beschreibt er seine aktuelle Tätigkeit mit « Laufpater & Chefabwascher ». Dazu wartet im Dachstock die Bibliothek des ehemaligen Kapuzinerklosters Frauenfeld auf die Einordnung. « Das werde ja dann wohl ich machen müssen. » Zudem sammeln sich bereits neue Anekdoten für sein nächstes « erstes Büchlein nach dem letzten ». Symbolisch wurde dem Manuskript, aus Unachtsamkeit, mit einem umgekippten Glas Weisswein zusätzlich Geistreiches eingehaucht. Bis alles wieder trocken ist, «müssen die Bestellungen der eben erschienenen Anekdoten-Sammlung verarbeitet werden». Mit einem Augenzwinkern bereut Hanspeter Betschart dabei sein Vorhaben, « jedem, der mehr als 100 Franken spendet, einen Dankesbrief zu schreiben ». Die Investition lohnt sich in jedem Fall.
Ralph Weibel, 28.5.25
Hanspeter Betschart :
Reminiszenzen Memorabilia
Martins-Verlag
Konstanzerstrasse 45, 9500 Wil
hanspeter.betschart@kapuziner.org
Textprobe n von Hanspeter Betschart:
Unterschied
Kennst Du den Unterschied zwischen den Krähen und den Kapuzinern ? – Es gibt keinen ! Beide krächzen immer : « Gää, gää ! Näh, näh ! »
Schwangerschaftstest
Hochzeitsvorbereitungen für einen jungen Arzt, der eine hübsche Krankenschwester heiraten will. Frage des Traupriesters beim Vorbereitungsgespräch an die künftige Braut : « Meine Liebe, nimmst Du mit uns auch ein Gläschen Weisswein ? » Entsetzte Reaktion ihres Zukünftigen : « Nein, um Himmels willen ! » Lakonische Feststellung des Traupriesters : « Liebe Turteltäubchen, exakt das wollte ich wissen ! »
Hänsu !
Meine Mutter Josefine « Josy », geborene Zihlmann, hatte mit ihren eilig aufeinander folgenden sechs Söhnen oft ziemliche Mühe, weshalb sie gerne von ihren « sechs Kummerbuben » sprach. Beim Ältesten hatte sie drei Stufen zum Herbeirufen : Das ging über ein liebenswürdiges « Hanspeterli ! » zum schon ziemlich bestimmten « Hanspeter ! » Wenn « Hänsu ! » trompetet wurde, galt es zu « seckeln » !
Alimente
Aus dem Eidgenössischen Bundesamt für Statistik erhielt ich vor einiger Zeit den Telefonanruf einer « gschwindmäuligen » Beamtin. Die Dame löcherte mich nach der Überprüfung der Personalien wie aus dem Kanonenrohr geschossen mit unzähligen Fragen zu meinen persönlichen Verhältnissen. Das Sperrfeuer gipfelte schliesslich so : « Müssen Sie noch Alimente bezahlen ? » – « Nein », gab ich erleichtert zur Antwort, « ich nicht mehr, aber mein Sohn ! » Auf der anderen Seite verstummte die Kanonade urplötzlich, und es trat eine sehr angenehme Stille ein. Wahrscheinlich hatte die Beamtin unterdessen meinen Jahrgang doch noch gecheckt.
Brautkuss
Im Jahr 1969 durfte ich als Fensterputzer den ganzen heissen Monat August in der Benediktinerabtei Sant'Anselmo auf dem Aventin in Rom verbringen. Dort habe ich den wichtigsten Kniff meiner künftigen Laufbahn als Hochzeits-Paterchen gelernt, den Trick des geraubten Brautkusses, der absolut hundertprozentig funktioniert.
Im fröhlichen Apéro-Gelächter einer Hochzeit bitte ich um Ruhe und Entschuldigung, dass der Hochzeitspfarrer für eine ernste Sache nochmals das Wort ergreifen muss : « Liebes Brautpaar, liebe Gäste ! Ich weilte seinerzeit in Rom, auf dem Aventin, in der vornehmen Benediktinerabtei von Sant'Anselmo, wo sich die nobelsten und schönsten Paare der ewigen Stadt trauen lassen. Da war eben eine Hochzeitsmesse zu Ende gegangen. Die Hochzeitsgesellschaft strömte auf die ‹ Piazza dei Cavalieri di Malta › hinaus und das ‹ RAI UNO › war am Filmen. Dort habe ich gesehen, wie der Traupriester, ein über 80-jähriger Benediktiner, aus der Kirche kam, geradewegs auf die wunderschöne Braut zusteuerte und wie der kugelrunde und glatzköpfige Padre nach der Messe von der wunderschönen Braut drei intensive Küsse bekam. Nun frage ich mich einfach, muss ich erst 80-jährig werden, fett und kahl, bis auch ich einen Brautkuss bekomme ? »
Während ich dem verdutzten Bräutigam eine diskrete Serviette über den Kopf ziehe, gibt mir seine liebe, schöne Braut unter verständnisvollem und warmherzigem Applaus der Gäste prompt einen tollen Brautkuss von echt römischem Kaliber. – Unterdessen sind das über 450 Tests und ebenso viele Küsse !
Kommentare